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23. Dezember 2017

Time-Out optimieren: Was wir von Michael Biegler lernen können.

Kategorie: Coaching – Autor: KaiDittrich – 10:28

Die „Ladies“ von Michael Biegler sind bereits im Achtelfinale ihrer Heim-WM ausgeschieden. Das Abschneiden der DHB-Damen war dabei sicher für viele enttäuschend. Wer jedoch die Spiele und ganz besonders die Auszeiten aufmerksam beobachtete wurde Zeuge eines Lehrbeispiels an Coaching.

Michael Biegler – Der Motivator

DHB-Coach Michael Biegler nutzte seine Auszeiten stets, um das Team nicht nur taktisch neu einzustellen, sondern blieb bei aller Kritik positiv und motivierte seine Mannschaft am Ende stets mit aufmunternden Worten.
Von seiner Art und Weise Auszeiten zu gestalten, lassen sich für jeden Trainer nützliche Hinweise ableiten, welche nach einer Auszeit wirklich die gewünschten Effekten herbeiführen.

Das Timing beim Nehmen einer Auszeit

Viele Trainer begehen den Fehler und sparen sich ihre Auszeit zu lange auf. Dabei tritt der erste positive Effekt des Time-Outs bereits ein, wenn die grüne Karte auf dem Tisch landet:

DER LAUF DES GEGNERS WIRD UNTERBROCHEN

Manchmal reicht dies schon als Maßnahme seine Mannschaft in die Spur zurückzubringen: Erstmal den gegnerischen Rhythmus stören und das eigene Team durchatmen lassen.
Aus diesem Grunde sollte besonders die erste Auszeit einer Partie nicht zu lange hinausgezögert werden. Hat der Gegner einen Lauf mit 3 oder 4 Treffern in Folge und fruchten von der Bank gegebene Kommandos nicht, sollte die grüne Karte eingesetzt werden.

Der richtige Einstieg

Einige Trainer wollen in ihrer Auszeit möglichst viele Infomationen an das Team übermitteln und versuchen quasi ab der ersten Sekunde die Mannschaft mit taktischen Vorgaben, Positionswechseln und Motivationssprüchen wach zu rütteln. Dabei wird die Aufnahmefähigkeit der eigenen Spieler gerne maßlos überschätzt.

GIB DEINEN SPIELERN ZEIT SICH ZU SORTIEREN

Besonders wenn die letzten Spielminuten anstrengend waren und eventuell nicht so gut gelaufen sind, sollten die Spieler Zeit zum Luftholen erhalten. Wichtig dabei: Alle sollen schnell zusammenkommen und sich mit Getränken versorgen. Positionswechsel sollten nach Möglichkeit schon vor der Auszeit mit den Einwechselspielern abgestimmt werden.

Überlege dir gut, welche Punkte du in einer Minute Auszeit wirklich effektiv ansprechen kannst und welche Lösungen du deinem Team an die Hand geben willst.
Erst wenn alle Spieler da sind und ihren Fokus auf den Coach gerichtet haben sollte die eigentliche Ansprache beginnen. Dieser „Findungsprozess“ darf maximal 10 Sekunden dauern.

BEGINNE MIT DIREKTER ANSPRACHE

Deine Mannschaft soll wissen, dass es gleich losgeht. Das kann ein einfaches „Hey Leute!“, „Hey Männer!“ oder wie in Michael Bieglers Fall: „Ladies!“ sein. Das Team muss merken, dass Aufmerksamkeit jetzt das oberste Gebot ist.

SPRICH KERNPROBLEME KURZ AN UND BIETE LÖSUNGEN

Zunächst sollten allgemeine technische und taktische Fehler angesprochen werden. Bleibe dabei jedoch bei den wichtigsten Problemfeldern in Angriff und Abwehr. Da Abwehr bekanntlich das A und O ist sprich zunächst kurz Probleme in der Defensive an und gib Lösungsvorschläge, z.B. Systemumstellungen oder Positionswechsel.

Verfahre ebenso beim Angriffsspiel. Sprich Fehlerquellen nur kurz an und widme den Lösungsstrategien mehr Zeit. Denke daran, dass du den Gebrauch von Unterstützungsmedien wie Taktiktafel oder Tablet gut vorbereitest, um hier keine Zeit zu verlieren.

Nutzt Möglichkeiten der Aufgabenteilung

Hast du das Glück einen Co- oder Torwarttrainer mit auf der Bank sitzen zu haben, kann es sich lohnen einzelne Spieler während der Auszeit individuell anzusprechen. Ein Torwarttrainer kann z.B. kurz die Wurfbilder der Schützen mit den Torleuten durchgehen. Ein Co-Trainer hingegen kann z.B. mit einem oder zwei Feldspielern noch einmal besondere Spielsituationen oder individuelles Verhalten in Angriff und Abwehr besprechen, ohne das der Rest der Mannschaft hier involviert werden muss.

Bleibe positiv – Steigere die Emotionalität

Auch wenn eine eigene Auszeit selten bei zufriedenstellender Leistung des eigenen Teams genommen wird, musst du versuchen deinem Team vor allem eine positive Einstellung zu vermitteln. Bei allen Fehlern glaubst du daran, dass sich nach der Auszeit etwas bessern wird, also übermittle deinem Team dies immer wieder verbal (bspw. „Ihr könnt das!“ „Wir haben das trainiert!“) und nonverbal.

Versuche die taktischen Vorgaben mit gebremster Emotionalität zu geben. Die Spieler sollen sich hier eher auf das Gesagte konzentrieren und benötigen keine unnötigen Motivationsspitzen.

Die Emotionalität der Ansprache sollte erst gegen Ende der Ansprache gesteigert werden. Die Spieler sollen wieder bereit sein auf das Feld zu gehen und neben allen taktischen Vorgaben vor allem eine innere Einstellung zur Umsetzung dieser erhalten.

Hier darf man als Trainer dann auch gerne mal schreien und die ein oder andere Motivationsphrase auspacken. Trainer, denen dies schwerfällt, können solche Aufgaben jedoch auch den Führungsspielern oder einem CO-Trainer überlassen.

NUTZE RITUALE

Rituale wie Schlachtrufe oder Abklatschen geben Sicherheit und „Wir-Gefühl“. Räume auch diesen Dingen Zeit ein.

Das große ABER

Wir haben im Folgenden noch einmal alle Punkte auf einen Blick zusammengefasst:

– Nimm Auszeiten rechtzeitig, um den gegnerischen Rhythmus zu stören

– Gib deinen Spielern anschließend kurz Zeit sich zu sortieren

– Sprich die Mannschaft direkt an

– Teile dir Aufgaben mit deinen Co-Trainern

– Sprich zuerst taktische Probleme an (1. Abwehr, 2. Angriff)

– Überfrachte deine Ansprache nicht mit zu vielen unterschiedlichen Punkten

– Dosiere Emotionalität am Anfang und schicke dein Team mit wenigen emotionalen Schlussworten zurück auf das Feld

– Nutze Rituale (Schlachtrufe, Abklatschen)

Natürlich gibt es nicht die perfekte durchgetaktete Time-Out-Ansprache. Ein Trainer muss nach eigenem Gefühl handeln und sagt dies einem, dass die eigene Mannschaft nun eine sechzigsekündige „Standpredigt“ in maximaler Lautsärke benötigt um aufzuwachen, sollte man nicht zögern darauf zu hören.

Zeigt eine Mannschaft allerdings im Anschluss nicht die gewünschten Verhaltensänderungen, muss man seine Strategie überdenken. Besonders, wenn man noch nicht so lange mit einer Mannschaft arbeitet sollte man auch die Chance nutzen sich nach dem Spiel Feedback bei einigen Spielern zu holen, wie die Inhalte und Art der Time-Out-Ansprache aufgenommen wurden.

Autor: Robert Nowacki

10. Dezember 2016

Was wir von den „DHB-Ladies“ und Michael Biegler lernen können

Kategorie: Handball-News – Autor: KaiDittrich – 10:30

Die Handball EM der Damen ist bereits in vollem Gange und bis jetzt haben die Damen der deutschen Nationalmannschaft mit dem Sieg gegen Vizeweltmeister Niederlande und der knappen Niederlage gegen den Silbermedaillengewinner der olympischen Spiele, Frankreich, bereits zwei Ausrufezeichen gesetzt.

Ein neuer Besen (Trainer) kehrt gut

Mit diesen Resultaten haben die DHB-Frauen, die sich selbst als „Ladies“ bezeichnen, bereits die gehegten Erwartungen übertroffen. Diese Leistung wird dabei auch viel in Verbindung mit dem Coach Michael Biegler gebracht, welcher die Mannschaft erstmals bei einem großen Turnier betreut. Er hat dem in den letzten Jahren eher erfolglosen Team vor scheinbar das Selbstvertrauen zurückgegeben, welches nötig ist um gegen die oben genannten Teams zu bestehen.

Seine mutige Wahl auf Susann Müller zu verzichten, macht den Spielstil des Teams zudem schwerer ausrechenbar für den Gegner, was insbesondere die Niederländer zu spüren bekamen. Gepaart mit einem der besten Torhütergespanne der Welt und dem neuen Selbstvertrauen haben die Deutschen bei einem Sieg gegen Polen am Donnerstag sogar realistische Chancen um den Einzug ins Halbfinale in der Hauptrunde zu spielen.

Bieglers Halbzeitansprachen als Musterbeispiele

Aus Trainersicht sind insbesondere die Halbzeitansprachen von Michael Biegler sehr gutes Anschauungsmaterial. Der Coach des DHB stellt stets die positiven Seiten des eigenen Spiels heraus und verweist auf diese auch in Phasen, in denen es nicht so läuft. Er spricht Spielerinnen direkt an und signalisiert durch seine Körpersprache (häufig kniend im Kreise der Mannschaft), dass er sich als Teil des Teams sieht.

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Foto: Sport1 GmbH

Video

In den Auszeiten des DHB werden wenige Spielzüge direkt von ihm formuliert, sondern eher allgemeine Aussagen zu Angriffs- und Abwehrverhalten getroffen. Dies kann man als Zeichen deuten, dass Biegler trotz der kurzen Zusammenarbeit bereits Vertrauen in die Entscheidungsfindung seiner Spielerinnen und insbesondere der Mittelfrauen Loerper und Wohlbold besitzt.

Profisport unter halbprofessionellen Bedingungen

Bereits in den vergangenen Jahren konnte man sehen, dass sich der Frauenhandball immer weiterentwickelt. Vor allem die athletische Komponente des Spiels wird immer prägnanter und außer den physiologisch bedingten Unterschieden zum Männerhandball leisten die Sportlerinnen auf Topniveau genau so viel wie ihre männlichen Pendants.

Die Bedingungen sind jedoch nach wie vor ganz andere. Während der Beruf „Handballprofi“ mittlerweile immer häufiger im Spitzensport der Männer als Bezeichnung verwendet werden darf, fristen die Damen auch hier wie in vielen anderen Sportarten leider ein Schattendasein. Auch wenn der Handballsport im Allgemeinen sich vor allem in den letzten beiden Jahren durch den EM-Sieg des DHB immer mehr in den Vordergrund der öffentlichen Wahrnehmung schieben konnte, bleibt dem Frauenhandball nur ein kleiner Teil dieser neu gewonnenen Aufmerksamkeit.

Umso herausragender sind die Leistungen der Damenteams bei dieser EM zu bewerten. Schade nur, dass den jungen Mädchen und Frauen keine Liververfolgung der Spiele des DHB ermöglicht wird, aber vielleicht können die „Ladies“ mit ihren Leistungen ja auch hier einen Stein ins Rollen bringen.

Autor: Robert Nowacki